- 200 geladene Gäste feiern in der Mensa CAMPO
- Verein Studentenwohl e. V. am 19. September 1919 gegründet
- Studierendenwerk Bonn ist das älteste in Deutschland
- Attraktive soziale Infrastruktur braucht auskömmliche finanzielle Mittel
Bonn, 19. September 2019. Das Studierendenwerk Bonn feiert sein 100-jähriges Bestehen. Gemeinsam mit 200 geladenen Gästen wurde unter dem Motto „Seit 100 Jahren für das Wohl der Studierenden“ in einem Festakt an die Gründungsphase des ältesten Studierendenwerks in Deutschland erinnert und das Wirken seitdem gewürdigt. Die Redner aus Politik und Hochschullandschaft betonten einhellig die große Bedeutung einer attraktiven sozialen Infrastruktur für Studierende in der sich herausragend entwickelnden Universitäts- und Hochschullandschaft in Bonn und Rhein-Sieg. Der Festakt wurde musikalisch vom Duo Solitayr und der Jazzband Café de Cologne begleitet.
Im Sommer 1919 übernahmen Studenten die im Hauptgebäude der Universität Bonn untergebrachte Kriegsküche und gründeten die Mensa academica. Kurz darauf, am 19. September 1919, wurde der Verein Studentenwohl e. V. ins Leben gerufen. Daraus ging im Laufe der Jahre das Studierendenwerk Bonn hervor. Die Idee, sich gegenseitig zu unterstützen, setzte sich nach dem Ersten Weltkrieg zeitgleich auch an anderen Universitäten durch. In ganz Deutschland gründeten sich zwischen 1919 und den frühen 1920er-Jahren Vereine, die auf studentischer Selbsthilfe basierten.
Jürgen Huber, Geschäftsführer des Studierendenwerks Bonn, stellte die soziale Idee der Arbeit der ersten Selbsthilfevereine an den Beginn seiner Ausführungen und erläuterte anhand ausgewählter historischer Meilensteine den Wandel hin zu öffentlichen, gemeinnützig wirkenden Unternehmen: „Ging es anfangs um eine warme Mahlzeit, schaffen Studierendenwerke mittlerweile seit vielen Jahrzehnten die Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Studium und sichern somit gleiche Chancen für alle Studierenden.“ Er appellierte an das Wir-Gefühl im Hochschulraum Bonn/Rhein-Sieg, um die großen Herausforderungen insbesondere im Bereich studentisches Wohnen gemeinsam angehen und bewältigen zu können.
Als Bürgermeisterin der Bundesstadt Bonn betonte Gabriele Klingmüller die wichtige Rolle der Studierenden für eine junge und lebendige Stadt und lobte die Arbeit des Studierendenwerks: „Das Studierendenwerk leistet seit einem Jahrhundert einen maßgeblichen Beitrag zur sozialen Infrastruktur der Stadt und damit zur Chancen- und Bildungsgerechtigkeit.“
Die Vorsitzende des AStAs der Universität Bonn, Lena Engel, gab zunächst einen sehr persönlichen Einblick in die Berührungspunkte einer Studierenden mit den Leistungen des Studierendenwerks, sei es nun der BAföG-Antrag oder das Essen in der Mensa. Als AStA-Vorsitzende hob sie die gemeinsam mit dem Studierendenwerk Bonn auf den Weg gebrachten Projekte hervor, wie den Freitisch für bedürftige Studierende, die flexible Kinderbetreuung für Studierende mit Kindern oder jüngst die finanzielle Nothilfe für Erstsemester.
Vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRWwar der für die Studierendenwerke zuständige Abteilungsleiter zugegen, Dr. Dieter Herr. Mit Blick auf das Bauvorhaben im Carré Nassestraße zeigte er sich optimistisch, dass substanzielle Zuschüsse seitens des Landes fließen würden. Des Weiteren stellte er in seiner Rede das Thema studentisches Wohnen und eine mögliche stärkere finanzielle Unterstützung seitens des Landes zumindest in Aussicht. So nahm er Bezug auf den jüngst vom NRW-Bauministerium initiierten Runden Tisch zum Thema Wohnen, an denen neben dem Land und dem Studierendenwerk, auch Vertreter der Stadt, der Hochschulen und des Bau- und Liegenschaftsbetriebes geladen waren. „Der Runde Tisch ist ein Anfang,“ konstatierte er, „jetzt folgen die nächsten Schritte.“
Der Rektor der Universität Bonn, Prof. Dr. Michael Hoch, überbrachte stellvertretend die Glückwünsche der Universität und ging in seinem Grußwort auf die großen Erfolge der vergangenen Monate ein, auf den errungenen Status als Exzellenzuniversität und die Zusagen beim Tenure-Track-Programm. „Diese erfreuliche Entwicklung führt zu mehr Studierenden, Nachwuchswissenschaftlern und Professuren. Das bringt große Herausforderungen mit sich“ führte der Rektor aus und folgerte: „Universität und Studierendenwerk müssen gemeinsam die Stimme erheben, um die Belange des Hochschulstandortes noch mehr in den Fokus zu rücken.“
Die Vizepräsidentin der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, Prof. Dr. Iris Groß, die zudem Mitglied im Verwaltungsrat des Studierendenwerks ist, bedankte sich in ihrer ebenfalls sehr persönlich gehaltenen Rede bei den stets herzlichen und aufgeschlossenen Mensabediensteten, die trotz Mittagshektik immer ein freundliches Wort übrig hätten. Zudem lobte sie die Arbeit im Verwaltungsrat: „Die dort besprochenen Projekte werden zielführend bearbeitet und, wie im Beispiel des nachhaltigen Coffee-to-go-Mehrwegbechers LogiCup, konsequent umgesetzt.“
Achim Meyer auf der Heyde, der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks mit Sitz in Berlin, brachte die deutschlandweite Perspektive ein: „Die 57 Studenten- und Studierendenwerke sind aus dem deutschen Hochschulsystem nicht wegzudenken. Sie stellen die soziale Infrastruktur bereit; sie bilden das soziale Rückgrat der Hochschulen. Wenn es die Studierendenwerke nicht gäbe, müsste man sie sofort erfinden.“ Schließlich blickte er hoffnungsvoll nach vorne: „In meiner Vision wird der dringend benötigte Bund-Länder-Hochschulsozialpakt nun bald realisiert!“
Das letzte Wort hatte Alois Saß, der Vorsitzende des Verwaltungsrates des Studierendenwerks Bonn. Er brachte die Botschaft des Abends auf den Punkt: „Seit 100 Jahren geht es um das Studierendenwohl – und nur um diesen Zweck geht es!“
Hintergrund
Zum Ende des Ersten Weltkriegs war im Westflügel des Hauptgebäudes der Universität Bonn eine Kriegsküche untergebracht, die auch von den nach und nach heimkehrenden Studenten und Dozenten rege genutzt wurde. Denn die wirtschaftliche Situation der meist aus dem Bürgertum stammenden Studenten und Dozenten hatte sich im Vergleich zur Vorkriegszeit dramatisch verschlechtert.
Als die Stadt Bonn die Kriegsküche im Juli 1919 schließen wollte, übernahmen Studenten kurzerhand Kochgerät und Speisesaal und gründeten die erste Mensa academica. Selbsthilfe war das Gebot der Stunde – in Bonn und auch anderen Universitäten. Kurz darauf, am 19. September 1919, wurde der Verein Studentenwohl e. V. ins Leben gerufen. Daraus erwuchs im Laufe der Jahrzehnte das Studierendenwerk Bonn – das älteste seiner Art in Deutschland.
Der Moraltheologe Professor Fritz Tillmann, von 1919-1921 Rektor der Universität Bonn, machte sich von Anfang an stark für den neuen Verein, dessen Vorsitz er 1923 übernahm. Zudem gilt er als Initiator des ersten neu erbauten Studentenhauses in Deutschland, errichtet 1923/24 in der Lennéstraße 28 in der Bonner Südstadt. Im Carré Lenné-, Nasse- und Kaiserstraße hat das Studierendenwerk Bonn bis heute seinen Hauptsitz.
Eine warme Mahlzeit stand am Beginn der Tätigkeit des Vereins. Die Vermittlung von Wohnraum, Werkverträgen (Jobs) und Darlehen kamen neben weiteren Angeboten hinzu; in den 1970er-Jahren ergänzt um BAföG und seit dem Jahr 2000 um Kinderbetreuung in eigenen Kitas. Aus dem Verein wurde 1974 eine Anstalt des öffentlichen Rechts – ein öffentliches Unternehmen mit landesgesetzlichem Auftrag. Die Kernaufgaben sind in den vergangenen 100 Jahren im Wesentlichen gleich geblieben. Im Mittelpunkt steht das Wohl der Studierenden.
Heute betreibt das Studierendenwerk Bonn im Hochschulraum Bonn/Rhein-Sieg, an den Standorten Bonn, Sankt Augustin und Rheinbach, insgesamt fünf Mensen und zehn Cafeterien, 34 Wohnanlagen mit rund 3.700 Plätzen sowie fünf Kitas mit 231 Plätzen. Zudem obliegt dem Studierendenwerk mit dem Amt für Ausbildungsförderung die Umsetzung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG). Eine psychologische Beratungsstelle und Angebote für internationale Studierende runden das Profil ab.
Das Jubiläumsprogramm finden Sie auf unserer Jubiläumsseite.